Teil
11 - Pilgern in Santiago und Lourdes, Pisten in Beauduc
Der
weitere Trip nach Norden entwickelt sich fast schon zur Pilgerreise.
Nachdem wir bereits den portugiesischen Pilgerort Fatima hinter uns
gelassen haben – ohne hier an der Pilgerei teilgenommen zu haben, weil es
Edith angesichts dreier Reisebusse und einiger Pilger zu voll war, zieht
es Edith nach Santiago di Compostela.
Auf
einem der umliegenden Hügel finden wir einen netten Übernachtungsplatz, wo
wir uns literarisch auf das bevorstehende Ereignis vorbereiten.
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Wie zu lesen ist, ist in der Kathedrale
von Santiago der Apostel
Jakobus
begraben – Erfinder der gleichnamigen
Muschel. |
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Auf dem
Vorplatz der Kathedrale finden sich trotz der frühen Stunde schon die
ersten Reisegruppen ein, die allesamt farblich gekennzeichnet den Worten ihren Reiseleiter lauschen.
Drinnen herrscht ein beeindruckender Prunk, mit dem man wohl versucht
hat, der Tatsache, dass hier ein Gefährte Jesu´ begraben liegt, mit
Gold, Mosaik und überwältigender Architektur gerecht zu werden.
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Tief beeindruck
haben mich dann aber vor allem die E-Kerzen mit Wachstropfenimitat. Ja,
auch die Kirche geht mit der Zeit. Einfach 50 Cent, einen
oder zwei Euro einwerfen und das Licht leuchtet ihnen – wem auch immer.
Je Euro desto länger! Quasi eine elektrifizierte Ablass-Maschine im
kleinen Stil. |
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Santiago
zeigt sich mit seiner Altstadt und den Gässchen als nette, durchaus
besuchenswerte Stadt, die bei besserem Wetter sicherlich noch mehr
Flair versprüht hätte. |
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Auf dem Weg zum Cap Finistere
kommen wir an zahllosen einsamen Stränden vorbei und Galicien
zeigt sich ganz so, wie ich es seit fast 20 Jahren in Erinnerung habe:
ruhig, völlig untouristisch und eigentlich noch gar nicht erschlossen!
Nur Bier haben sie schon – Gott sei Dank. |
Edith am Nullpunkt des Pilgerwegs – am Cap
Finistere |
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Auf dem Rückweg
entlang der Galicischen und Cantabrischen Atlantik-Küste
queren wir zahllose Flüsse und Meeresarme, die teilweise kilometerweit
ins Land hineinreichen. Entgegen meiner ersten Entdeckungstour vor 20
Jahren gibt es nun aber eine Autobahn, mit der man all diese Einschnitte
ins Land abkürzen und dementsprechend ungleich schneller vorankommen
kann, als dies vor 2 Jahrzehnten noch der Fall war. Eigentlich will ich das gar nicht, weil ich die Spanische Atlantik-Nordküste für eine
der schönsten Küstenstraßen Europas halte. Allerdings spielt das Wetter wie
so oft in diesem Teil Europas nicht mit, so dass wir die
einsamen Strände und Buchten nicht wirklich genießen können. So spulen
wir die Kilometer zwischen La Corunia und Bilbao relativ
schnell ab und beim Blick auf die Landkarte sieht sich Edith unversehens
mit der Nähe von Lourdes konfrontiert. „Du, wir kommen ja fast direkt an Lourdes vorbei“ zerreißt sie
plötzlich die meditative Monotonie des Benz-Diesels unter uns. „Da
will ich hin!“ Ich denke ich spinne. Wenige Tage zuvor war sie völlig
genervt ob des Pilgerrummels in Fatima (3 Busse!!) – und nun will sie plötzlich nach
Lourdes. |
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Dazu muss ich
noch erwähnen, dass wir Samstag, den 23. Mai 2009 schreiben. Just das verlängerte Wochenende mit dem donnerstäglichen Christi Himmelfahrt-Fest, was vermutlich halb Europa
dazu animiert haben mag, nach Lourdes zu pilgern, damit wir uns dort
nicht so alleine fühlen. Ich sehe schon Heerscharen von Bussen vor
meinem geistigen Auge und gedenke Edith´s Massen-Phobie, die sie
zukünftig in den Kärntner-Nockbergen therapieren möchte. Deshalb
kapiere ich überhaupt nicht, warum sie jetzt gerade nach Lourdes will.
Doch wer gibt nach? Genau! Theo!!!! Wir fahr´n nach Lourdes! Das Örtchen liegt traumhaft am Rand der Pyrenäen, die ich schon auf den
ein- oder zweihundert Kilometern davor als durchaus besuchenswert
einstufe. In Lourdes angekommen, kommt es dann natürlich wie es kommen
musste. Massen von Menschen schieben sich durch die Gassen, aber – und
das ist zugegebenermaßen sehr verblüffend – es herrscht eine überaus
ruhige und gelassene Atmosphäre und irgendwie liegt ein gewisser Frieden
über der Stadt, obwohl es an allen Ecken und Enden wuselt. |
Lourdes |
Auch die Verkehrsplanung scheint man in
Lourdes Gott zu überlassen. In einer schmalen Einbahnstraße, durch die
sich der gesamte Besucherverkehr zwängt, parkt gerade ein Bus vor einem
Hotel, das mich und alle übrigen Verkehrsteilnehmer dazu zwingt, den
angrenzenden Devotionalienhändlern beinahe durch die Auslage zu pflügen.
Interessant
jedenfalls, aus der erhöhten Fahrerhausposition zu sehen, dass deren
Geschäfte durchaus passabel zu laufen scheinen. |
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Die weitere Fahrt durch
die Pyrenäen nach Osten zum Flachwasser-Surfklassiker „Leucate“
verläuft dann deutlich ruhiger, wenngleich durch nicht minder
beeindruckende Landschaften. |
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Nach einer
weiteren Übernachtung in den Pyrenäen kommen wir am Sonntag am Surfbeach
in Leucate an, wo wir bereits 6 Monate zuvor in stiller
Einsamkeit mit 2-3 anderen Womos die Ruhe und die wärmenden
Sonnenstrahlen genossen hatten. Die Situation ist nun natürlich eine andere.
Während im November Leucate meist nur als
Durchgangsstations-Stellplatz für Traveller genutzt wird, steppt nun
schon wieder der Surf-Bär und rund 150 Wohnmobilisten harren auf dem
Platz des Windes, der da kommen möge (oder auch nicht). |
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Das Bild
rechts dürfte übrigens historischen Wert besitzen, denn wie uns unsere Freunde
Sabine und Manfred per Mail berichteten, wurde der Platz im Februar 2010
geräumt und von Bulldozern platt gemacht, um hier einen Tagesparkplatz
für Windsurfer zu errichten – auf dem mit größter Wahrscheinlichkeit das
Campieren über Nacht verboten sein wird!!!
Schade eigentlich, denn Leucate war seit
Beginn meiner Windsurferkarriere immer eines der raren und freien
Fleckchen Erde gewesen, wo man direkt am Wasser wild campen konnte. Dies
dürfte nun ein für alle mal vorbei sein. |
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Aber auch in
Leucate Village steppt an diesem Wochenende der Bär, weil das
alljährliche Festival Les Méditerranées à Leucate stattfindet, zu
dessen karnevalsmäßigem Umzug stets Tausende von Besuchern kommen.
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Edith und ich
wollen in Leucate aber vor allem schauen, ob es nicht ein gebrauchtes
Surfboard für sie in einem der Surfshops günstig zu erstehen
gibt. Im Naish-Pro-Shop werden wir dann fündig.
Wir finden nicht nur ein gebrauchtes RRD-Board als verfrühtes Geburtstags-Geschenk für
Edith, sondern den
Master himself, Mr. Robby Naish, stattet seinem Shop gerade einen
Besuch ab. Zu unserem Sternchen meint er nur „Ohhh what a beast!!“,
lässt es sich aber nicht nehmen, auf der Fahrertür einen kleinen Gruß mit
Autogramm zu hinterlassen. |
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"Aloha and good boarding!
Robby Naish" - hoffentlich hilfts! |
Mangels
Wind-Masse gehts dann auch gleich weiter in die Camargue nach
Beauduc. In Dakhla haben uns Sonja und Joachim, aber auch die
Schweizer Claudia und Felix von den phantastischen Surf- und Kite-Bedingungen in Beauduc vorgeschwärmt. Das müssen wir uns natürlich
anschauen und hoffen auch, dass Edith ihr neues Board vom Stapel lassen
kann. |
Er ist der Hawaiianer, aber
ich bin brauner :-))) |
In den
Abendstunden des 26.05. erreichen wir Beauduc und suchen uns
noch schnell ein Schlafplätzchen, bevor sich die Sonne verabschiedet.
Beauduc ist ein zusammengewürfelter Haufen
zusammengenagelter Hütten – manchmal noch nicht einmal das. Eine
Mischung aus Westerndorf und Hippie-Kommune, in der wohl jeder so lebt,
wie es ihm gerade passt. Also eigentlich genau das Richtige für uns! |
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Wir befinden uns im Rhone-Delta,
ganz in der Nähe der Mündung der Rhone ins Mittelmeer. Die Gegend ist
zerfurcht von knöchel- bis knietiefen Etangs, Brackwasserpfützen,
Tümpeln und Teichen. Mehr nach Intuition denn nach Schildern oder
sonstigen nicht vorhandenen Orientierungsmöglichkeiten holpern wir über
üble Pisten in Richtung Meer. |
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Aber auch hier,
wo sich Wasser und Sand gute Nacht sagen, ist das Leben reglementiert.
Die Behörden haben schwere Felsbrocken im Abstand von 2 Meter 20 als
Barrieren drapiert, um der Wohnmobilflut Einhalt zu gebieten. PKWs und
Kastenwagen kommen durch, breite Womos müssen draußen bleiben.
Allerdings haben die die Rechnung ohne unser Verteilergetriebe gemacht.
Weil das die Kraft auf vier Räder überträgt, umfahren wir die Barrieren
einmal über Stock und Stein, ein anderes Mal durchs Wasser und mogeln
uns so zum Strand durch. |
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Die Mühe hat sich gelohnt, denn hinter den
Barrieren tun sich die endlosen Weiten – nein, nicht des Universum –
aber zumindest die der Camargue auf. Und erstklassige Surf- und
Kite-Bedingungen. Ich könnte mir einmal mehr in den Hintern beißen,
dass ich mein Kite-Equipment nicht dabei habe.
Die Pisten hier erinnern
mehr an Dakhla als an Europa. Umso besser, dass
es so etwas hier in
unseren Breiten überhaupt noch gibt. |
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Hier kommt Edith dann endlich auch dazu,
ihr verfrühtes
Geburtstagsgeschenk auszuprobieren. |
Wie man sieht mit gutem
Erfolg. |
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Waren es am Tag
zuvor noch liebliche drei Windstärken, die Edith aufs Brett halfen, so
lässt in der Nacht der einsetzende Mistral unser Sternchen gehörig
wackeln. Was mich mit der freudigen Gewissheit einschlafen lässt, dass
ich wohl Kräfte für den kommenden Tag tanken sollte.
Wie der Wind
Schaumkronen auf das Meer zaubert, so zaubern mir diese Bedingungen ein
breites Grinsen aufs Gesicht. Sahnebedingungen! Stellt sich nur die
Frage nach der richtigen Segelgröße. 4,2 m² oder doch das ganz kleine
3,7er. Da sich noch keiner raus traut muss ich wohl den Testdeppen mimen
und die Sache selbst ausprobieren. Ich nehme mal das 4,2er, immer nach
dem alten Motto, lieber über- als unterpowert. |
Da kommt Freude auf!! |
Die Bedingungen sind allerdings ziemlich
selektiv. Nicht wegen des gehörigen Gebläses, sondern weil das Meer sehr
aufgewühlt ist und die Wellen kreuz und quer durcheinanderschwappen. Die
Surfpiste fühlt sich an wie ein aufgewühlter Acker, über den man mit
einer Motocross-Maschine mit Vollgas drüberholpert. Aber wir wollen uns
nicht beklagen - besser so als gar kein Wind. |
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Habe fertig! |
Teil 01 -
Abreise mit Hindernissen
Teil 02 -
Afrika, wir kommen
Teil
03 -
Die Pisten vom Plage Blanche und der Weg nach Dakhla
Teil 04 -
Überwintern im Surferparadies
Teil 05 -
Die Dünen von Laayoune und auf der Piste zum Erg Chebbi
Teil
06 -
Wüste, Schluchten und Visaprobleme
Teil 07 -
Die Nebel von Okaimeden und Fatimah´s Kaninchenzucht
Teil 08 -
Endstation im Schnee des Hohen Atlas
Teil
09 -
Erst mal Urlaub
machen von der Reise in Andalusien
Teil
10 -
Portugal, ein Paradies für Wildcamper
Teil 11 -
Pilgern in Santiago und Lourdes, Pisten in Beauduc
Teil 12 -
Wiedersehen mit Freunden und das große Fressen
Teil 13 -
Resümee unserer Reise
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